Sehen mit Achromatopsie

Ein Mensch mit Achromatopsie sieht nicht so wie einer mit normalen Augen. Im Folgenden wird versucht zu beschreiben, wie ein Achromat seine Umgebung optisch wahrnimmt.

  

Farben

Achromatopsie ist das Wort für totale Farbenblindheit. Das bedeutet, daß ein Achromat keine oder fast keine Farben sehen kann. Darum sieht er alles nur in Grautönen. Aber eigentlich auch wieder nicht in Grautönen, denn für einen vollkommen farbenblinden Menschen sind Farben überhaupt nicht vorstellbar, deshalb gibt es für sie auch kein "grau".

Ein Normalsichtiger kann es sich aber ganz ungefähr so vorstellen wie auf einer Schwarzweißphotographie. Ein Unterschied zum modernen, panchromatischen Schwarzweißfilm ist aber, daß nicht alle Farben gleichermaßen in Grautöne umgesetzt werden. Es ist eher zu vergleichen mit einem orthochromatischen Schwarzweißfilm, der eine erhöhte Empfindlichkeit im Blau-Grün-Bereich hat und weniger empfindlich ist für Rot. Vor einem Jahrhundert waren dies die einzigen Filme, die es gab. Heute werden sie nur noch sehr selten eingesetzt, z.B. für Portraitaufnahmen, weil dann die Lippen des Modells dunkler abgebildet werden. Ohne zusätzlichen Farbfilter kommen Blauer Himmel und grüne Blätter sehr hell bis weiß.

Es gibt auch Menschen mit inkompletter Achromatopsie. Bei Tests zeigen sie zwar eine gestörte Farbwahrnehmung und die anderen Symptome von Achromatopsie, trotzdem können sie aber noch Farben erkennen. Sie haben also auch eine Vorstellung von der Eigenschaft "Farbe". Des weiteren gibt es auch einige Zwischenformen von Farbenblindheit wie z.B. die Blauzapfenmonochromasie, bei der nur Blautöne wahrgenommen werden können (siehe unter Allgemeines).

Für einen Außenstehenden ist es schwierig, sich ein Leben ohne Farben vorzustellen. Aber meistens ist gerade dieser Aspekt gar nicht das größte Problem im Alltagsleben, außer natürlich in Situationen, wo Farbe benutzt wird, um Informationen zu verschlüsseln. Verkehrsampeln sind ein einfaches Beispiel hierfür. Weil die Dinge nicht aufgrund ihrer Farben voneinander unterscheidbar sind, muß stattdessen auf andere Details geachtet werden, z.B. die Oberfläche, Glanz, Struktur, Form und ähnliches.

  

Nystagmus

In fast allen Fällen wird Achromatopsie von einem Nystagmus begleitet, einem Zittern beider Augen nach links und rechts (fast nie nach oben und unten). Der Nystagmus ist ein unkontrollierbarer Reflex, der meist erst einige Monate nach der Geburt entwickelt wird und bei Erwachsenen mit zunehmendem Lebensalter wieder abnimmt. Wahrscheinlich wird der Nystagmus u.a. dadurch verursacht, daß sich weder Zapfen noch Stäbchen im Zentrum der Netzhaut (im gelben Fleck) befinden. Dadurch können die Augen im Fokuspunkt nichts sehen oder fokussieren. Die Folge ist, daß die Augen versuchen, abwechselnd knapp links und rechts vom Objekt zu fokussieren.

  

Lichtempfindlichkeit

Im Alltag ist die Lichtempfindlichkeit ein großes Problem für Menschen mit Achromatopsie. Nicht nur das Sonnenlicht im Freien, z.B. am Strand oder im Schnee, macht Probleme, sondern auch helles Kunstlicht. In öffentlichen Gebäuden oder in Arbeitsräumen, z.B. Büroräumen, ist die Beleuchtung oft zu hell. In vielen Fällen muß die Beleuchtung am Arbeitsplatz für einen Achromaten angepaßt werden oder er muß mehr oder weniger permanent eine dunkle Brille oder Kontaktlinsen tragen.

Obwohl es viele Möglichkeiten gibt, die Augen gegen Licht zu schützen, ist es kaum möglich, diese Hilfsmittel genauso schnell an wechselnde Bedingungen anzugleichen, wie ein normalsichtiges Auge es kann (siehe auch Hilfsmittel). Die kurzzeitige Blendung z.B. beim Verlassen eines Gebäudes kann bei oftmaliger Wiederholung (z.B. beim Einkaufen) sehr ermüdend sein oder in unerwarteten Situationen sogar Panikreaktionen verursachen.

  

Sehschärfe

Die verminderte Sehschärfe ist die zweite wichtige Einschränkung im Alltagsleben. Weil sich keine Stäbchen im zentralen Fokuspunkt der Netzhaut befinden, kann dort nicht fokussiert werden. Außerhalb des gelben Flecks ist zwar eine große Anzahl von Stäbchen vorhanden, diese sind aber in Gruppen zusammengeschaltet, so daß eine größere Signalintensität erreicht wird. Dadurch ist aber die Zahl der "Bildpunkte" pro Oberflächeneinheit nur noch ungefähr ein Zehntel der einer normalsichtigen Person. Daraus folgt, daß die maximale Sehschärfe ungefähr ein Zehntel vom Normalen beträgt. Was ein Normalsichtiger aus 10 m Entfernung noch scharf sehen kann, kann ein Achromat also erst aus ca. 1 m Entfernung scharf sehen, auch mit einer optimal angepaßten Brille.

 

Hilfsmittel

von Jos Kapteijns

Im folgenden beschreibe ich die Hilfsmittel, die ich im Alltag benutze:

Braungetönte, weiche Kontaktlinsen, 85% Absorption, Marke und Typ unbekannt. Diese Linsen halten ungefähr ein Jahr. Ich benutze ein Reinigungsmittel (von Oxysept) mit nur einer einzigen Reinigungslösung.

Neben meinen Linsen benutze ich draußen, außer bei starker Bewölkung, eine normale Polaroid-Sonnenbrille (weil sie preiswert sind, kann man damit sogar ein bißchen nach der Mode gehen). Ich habe auch eine "Autofahrersonnenbrille" von Serengeti, die ich ebenso angenehm finde wie die Polaroid-Brille, sie ist allerdings ungefähr zehn mal so teuer.

Am Strand oder zum Schwimmen nehme ich meine Linsen immer heraus und benutze dann eine extrem dunkle Sonnenbrille (ich glaube 95%), die ich einmal in Frankreich auf einem Markt gekauft habe, für nur ungefähr 15 DM. Der Vorteil ist, daß man nicht so aufpassen muß, sie nicht zu verlieren. Diese Brille ist auch angenehm, wenn ich in die Sonne muß und die Linsen gerade nicht einsetzen kann.

Die Lupenbrille, die ich besitze, ist von Specwell und besteht aus zwei 4x12 Ferngläsern, die bis auf ca. 20 cm fokussierbar sind. Um die Lupen schräg zu stellen (für kurze Entfernungen), sitzen Einstellringe zwischen den Lupen und dem Brillengestell. Ich habe zwei dieser Brillen; eine fürs Lesen (Leseabstand ungefähr 30 cm, Lupen schräg gestellt) und eine für den Computerbildschirm und Notenschrift (Leseabstand ungefähr 50 bis 60 cm, eine Lupe schräg und die andere gerade). Wenn ich beide Lupen gerade stelle, ist diese Brille auch ideal zum Fernsehen (ca. 3 m Entfernung) und z.B. auch im Theater (10 bis 20 m Entfernung). Eine solche Brille kostet ca 900 DM (bezahlt die Krankenkasse?).

Derzeit probiere ich gerade, ob eine Brille von Ocutech (die VES-MINI) für mich sinnvoll ist (siehe www.ocutech.com). Der Vorteil dieser Brille (die 3 mal vergrößert) ist, daß sie auf jede beliebige Entfernung scharf gestellt werden kann, ohne daß der Winkel der Lupen verändert werden muß.

Außerdem habe ich mal eine Woche lang eine sog. Autofokus-Brille ausprobiert, aber das Ding war praktisch kaum zu gebrauchen.

Schlußendlich habe ich noch ein Monokular (6x12 oder 6x16, denke ich, short focus) von Eschenbach, das praktisch ist, um z.B. Straßennamenschilder zu lesen oder auch für Schaufenster.

Ich benutze keine speziellen Halter um Dinge näher ans Auge zu bringen und auch keine Vergrößerungssoftware für den Computer. Ich hatte eine Zeit lang eine Videolupe, aber nachdem ich meine erste Lupenbrille hatte, erwies sich das als totaler Overkill. Unter Windows benutze ich keine angepaßte Farbeinstellung oder eine größere Schrift. Ein 17-Zoll-Bildschirm mit einer Auflösung von 1024x768 ist vollkommen ausreichend. Mein Notebook hat einen TFT-Bildschirm, ein DSTN-Schirm ist deutlich schlechter als TFT.

Das einzige, das ich noch nicht optimal gelöst habe, ist ein Hilfsmittel, mit dem ich draußen lesen kann. Das kommt zwar nicht oft vor, aber wenn ich mit dem Chor, den ich begleite, ein Freiluftkonzert habe, dann sind die Kontaktlinsen für die hell beleuchteten Noten nicht dunkel genug. Eigentlich müßte ich dann eine zusätzliche Sonnenbrille aufsetzen, aber ich habe ja schon die Lupenbrille auf...

 

Beispiele

Lupen Brillen